Es ist kaum zu
glauben; im August 2012 meldete die Fachzeitschrift TextilWirtschaft, dass die
Gebrüder Nils und Jan Klöker (HDK AG) ‚Hermann Tietz‘ in seiner vierten
Inkarnation aufleben lassen wollen. Ihr Plan ist es wohl mit der Domäne ‚Hertie.de‘
an die Tradition eines der ältesten und best-geliebten Marken Deutschlands zu
knüpfen.
|
Aus Hermann Tietz wurde HERTIE |
Hermann Tietz war
eigentlich zunächst nur der Geldgeber für Oscar Tietz, der unter dem Namen des
Onkels 1882 in Gera ein Kurzwarengeschäft eröffnete, erweiterte und bald viele
Filialen gründete. In allen großen Städten Deutschland entstand in wenigen
Jahrzenten eine Hermann Tietz Filiale.
Der Bruder, Leonhard Tietz, eröffnete unter seinem Namen Warenhäuser in
jenen Städten die Oscar ausließ. Die Tietz Familie (zusammen mit ihren gänzlich
jüdischen Kollegen Schocken, Wertheim, Knopf etc.) müssen als Pioniere des
Einzelhandels, wie wir ihn in Deutschland heute kennen, gelten: Barzahlung,
Rückerstattung, Schauen ohne Kaufzwang, Sonderangebote und vieles mehr – Heute selbstverständlich
- wurden erst von diesen jüdischen Kaufhäusern überhaupt nach Deutschland
gebracht.
|
Oscar Tietz |
Georg Tietz führte
die Familientradition erfolgreich weiter bis die Nationalsozialisten innerhalb
des Konzerns die Belegschaft aufmischten und von außen zum Boykott aufriefen.
Die Firma geriet in Geldnöte und wurde ‚Arisiert‘. Die Tietz mussten ihre
Kaufhäuser abgeben und in die USA flüchten. Wobei aus dem Kaufhaus Leonhard
Tietz ‚Kaufhof‘ wurde, geschah mit Hermann Tietz ein richtiger Etikettenschwindel:
Daraus wurde nämlich HerTie. Bis in die 1990ger blieb Hertie ein beliebte und
vertraute Marke in den deutschen Städte, bis 1994 die Karstadt AG den Konzern
übernahm. Als Warenhausname lebte ‚Hertie‘ 2005 wieder auf – die Marke stand,
wie schon zu Oscar Tietz Zeiten für gute Ware und solides Wirtschaften. Leider
endete die Renaissance, dem fehlenden guten Wirtschaften wegen, bereits 2009.
Nun soll Ende
2012/Anfang 2013 der Name des guten Hermann Tietz zum vierten Mal die Front
eines Einzelhandelsunternehmens schmücken, nun geht es nur nicht mehr um die
Glas- und Stahlbauten am Alexanderplatz oder an der Leipziger Straße, sonder um
die Homepage einer Internetdomain. Die Tietz und ihre jüdischen Kollegen waren
immer daran interessiert den Einzelhandel durch Erneuerung zu entwickeln. Der
Sprung ins Internet wäre für sie ganz natürlich gewesen. Es wird sich zeigen ob
‚Hertie‘ diesen Weg nicht schon mit der Geburt von Ebay und Amazon hätte machen
müssen oder ob des lieben Onkels Name auch im Internetzeitalter wieder für
Umsatz sorgen kann.